Mutmaßlicher Al-Qaida-Führer zieht nach Berlin
Reda Seyam gehört angeblich zum Führungsstab der Terror-Organisation - Kinder sollen König-Fahad-Schule besuchen
von Michael Behrendt
Reda Seyam, der als mutmaßliches Führungsmitglied der Terror-Organisation Al-Qaida in Europa gilt und nach den Terroranschlägen auf Bali im Oktober 2002 in indonesischer Haft saß, will an die Spree ziehen. Seyam, der seit der Heirat mit seiner ersten Frau die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt, war nach Deutschland ausgeliefert worden.
Er lebt zurzeit mit seiner zweiten Frau, einer Albanerin, und fünf Kindern in einem Ortsteil von Laichingen (Landkreis Ulm).
Ranghohe Berliner Sicherheitskreise bestätigten gestern die Umzugspläne des gebürtigen Ägypters. Die Motivation des 46-Jährigen: Er will seine Kinder auf die neue König-Fahd-Schule am Fürstenbrunner Weg in Charlottenburg schicken. Der Verfassungsschutz warnt, dass sowohl in der Bonner Zentrale der Fahd-Schulen als auch in Berlin "islamisches Gedankengut" transportiert werde.
Pikantes Detail: Das Landratsamt Ulm bezahlt dem mutmaßlichen Extremisten den Umzug nach Berlin. Wie das Nachrichtenmagazin "Focus" berichtet, ist Seyam Sozialhilfeempfänger. Die Pläne von Seyam versetzen die Sicherheitsdienste zwar nicht gerade in Euphorie, Angst um die innere Sicherheit kommt dennoch nicht auf. "Eine erkannte Gefahr ist eine gebannte Gefahr, so platt sich das auch anhören mag", sagte ein ranghohes Mitglied der Behörden. Der Berliner Verfassungsschutz wollte den Fall gestern nicht kommentieren. "Aber wir stehen in solchen Fragen stets in Verbindung mit den Sicherheitsorganen der anderen Länder", sagte Sprecher Claus Guggenberger.
Peter Trapp (CDU), Vorsitzender des Innenausschusses des Berliner Abgeordnetenhauses, kann ob des Zuzugs von Reda Seyam nur den Kopf schütteln: "Innensenator Ehrhart Körting hatte versprochen, bereits bei Verdacht eine Abschiebung von mutmaßlichen Terroristen anzustreben. Nun sollte man ihn beim Wort nehmen." Körtings Sprecherin Henrike Morgenstern gibt dem Oppositionspolitiker beinahe recht. "Das ist genau unsere Linie. Jedoch ist uns das nur dann möglich, wenn die Person nicht über die deutsche Staatsbürgerschaft verfügt."
Durch die Hochzeit mit einer Deutschen im Jahr 1988 hatte Reda Seyam diese aber wie erwähnt bekommen. Weil die Polizei bei ihm nach den Bali-Anschlägen mit 202 Toten Anleitungen zum Bau von Bomben gefunden hatte, ermittelt die Bundesanwaltschaft gegen ihn. Geheimdienste der USA, Deutschlands, Asiens sowie das Bundeskriminalamt stufen den 46-Jährigen als einen der fünf wichtigsten Al-Qaida-Führer in Europa ein. Nach der Haft in Indonesien und der Auslieferung nach Deutschland wurde ein Verfahren wegen des "Verdachts der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung" eingeleitet.
Seine Kinder sollen nun die Berliner Filiale der König-Fahd-Schule besuchen. Die Fahd-Akademie, 1995 durch eine Spende der saudischen Königsfamilie in Höhe von 30 Millionen Mark in Bonn gegründet, geriet 2003 ins Visier der Verfassungsschützer. In einer Freitagspredigt war dort zum Heiligen Krieg aufgerufen worden. Der Nachrichtendienst erfuhr zudem von der Verbreitung von militantem und islamistischem Gedankengut. Deshalb hatte die Eröffnung einer Tochterschule in Berlin für Wirbel bei Pädagogen und Politikern gesorgt.
Artikel erschienen am Mo, 13. September 2004
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